Streit um Sex in Paarbeziehung – Blockadehaltung bei Paaren
Streit um Sex in Paarbeziehung – Blockadehaltung bei Paaren
Es ist eben einmal so, dass es Streit um Sex in einer Paarbeziehung geben kann. Und dass es zu einer regelrechten Blockade bei Paaren im Kampf um Sex, also im Ringen beider Partner*innen um ihr Sex- und Beziehungsleben miteinander kommt, ist wohl auch nicht selten. Das mag in Langzeitpartnerschaften oder in jungen Beziehungen so sein. Für mich ist insbesondere hier ein Blick auf die besondere Paardynamik interessant. Ebenso der Fokus auf die jeweiligen Beweggründe einzelner Partner*innen einen bestimmten Standpunkt im Sex-Konflikt einzunehmen.
Streit um Sex – Blockadehaltung bei Paaren
Grundsätzlich lassen sich hier zwei Positionen unterscheiden – vereinfacht gesprochen –. Und es ist vor allem die Frage von Bedeutung, ob Partner*innen ihre Standpunkte verlassen wollen oder unbeweglich verharren. Und: Wird der erste Schritt jeweils ausschließlich vom Gegenpart erwartet?
Mitunter ist es doch so, dass der Beginn für eine Veränderung, vom jeweils Anderen erwartet wird. Partner*innen erwarten und erhoffen, dass der oder die jeweils Andere den ersten Schritt tut, damit die Blockadehaltung aufgegeben wird. Wenn Du, dann… Erst wenn Du dieses oder jenes tust, dann bin ich bereit, die Blockade zu beenden…
Oftmals gibt es auch wirklich gute Gründe, in der jeweils eigenen Position zu verharren und seinen eigenen Standpunkt mit Nachdruck zu verteidigen. Gerade dann, wenn eine es in der Beziehungsgeschichte zuvor bereits gekriselt hat und es Konflikte und Streit gibt, An- und Aufgestautes sozusagen, vielleicht auch eine Menge an Enttäuschungen und Abwertungen im Raum stehen, aber nicht besprochen wurden, lade ich zu einem genaueren Hinsehen ein.
Sexuelle Entfremdung in Beziehungsgeschichte
Mitunter gibt es in Paarbeziehungen auch so etwas, wie eine sexuelle Entfremdung über sehr lange Zeit. Nicht selten ist diese Entfremdung auch schambesetzt, weil man lange keinen Sex miteinander gehabt hatte. Dennoch gab es vielleicht auch – aus der partnerschaftlichen Konflikt- und Beziehungsdynamik heraus – nachvollziehbare Gründe, für diese sexuelle Pause. Zu denken ist etwa an einen Übergang vom Sein als Liebespaar hin zu einem mehr partnerschaftlichen Paar, dass sich vorrangig als gutes Team im Alltag bewährt, jedoch aber Erotik und Liebesaktivität in den Hintergrund gerückt hat. Gegebenenfalls verunmöglichen im Empfinden beider Partner*innen auch ein engagiertes Berufsleben und ein routiniert häuslicher Alltag ein Sexualleben. Aber auch Kränkungen und Enttäuschungen in der Beziehungsgeschichte haben vielleicht zu einem sexuellen Rückzug voneinander geführt.
Unschöner Streit um Sex
Das Ringen um eine Veränderung zugunsten von Sex in einer Beziehung fällt mitunter unschön aus. Man ist dann weit entfernt davon, eine annehmbare oder gar verlockende Einladung zu Sex auszusprechen. Stattdessen begegnet man sich mit Vorwürfen, Sarkasmus und Zynismus und macht sich das Leben zur Hölle. Immerhin gibt es – mit Ironie gesprochen – dann immerhin ein Bisschen Reibung und Bewegung.
Vermutlich stehen oftmals hinter diesen Formen der Kommunikation im Eigentlichen Wünsche und Sehnsüchte, Enttäuschungen und Kränkungen, die man dem oder der Anderen so nicht mehr glaubt, offen mitteilen zu können. Man hat sich hinter angreifender Bissigkeit oder schützendem Rückzug und Schweigen verschanzt; nicht zuletzt auch um sich selbst zu schützen.
Über- oder Unterbewertung von Sex
Ein weiterer Punkt ist, dass Sex als solcher, durch die konfliktgeladene Paardynamik aufgewertet, vielleicht auch überbewertet wird. Er wird zum Wohl und Wehe für alles, zum Schicksalspunkt. Bekomme ich ihn, bin ich als Mann und Liebhaber bestätigt. Bekomme ich Ihn nicht, gelte ich als Schlappschwanz und Versager, als Nullnummer? Oder anders: Wird (nur) Sex gefordert, werde ich nicht geliebt. Dann fühle ich mich in aller Ausschließlichkeit reduziert, begrenzt auf ein Stück Körper, dass willfährig sexuell zu Diensten sein soll. Persönlichkeit und Individualität, das Sein als Frau und Mensch wird nicht gesehen – vice versa, zwischen Frau und Mann, Mann und Frau, Frau und Frau, Mann und Mann –.
Sex ist oft wichtig und ja auch mitunter schön. Manchmal ist aber Sex auch einfach nur Sex. Es darf spannend bleiben, was als nützlicher für ein In-Bewegung-Kommen eines Paares angesehen wird: Dass Sex einfach nur Sex ist? Oder dass Sex mit besonderer Bedeutung versehen ist?
Erst Sex und dann Beziehung – Erst Beziehung und dann Sex
Schauen wir jetzt aber zunächst einmal die beiden typisch gegensätzlichen Positionen von Partner*innen an. Sie sind teil einer wechselseitigen Blockade. Bleiben beide Partner*innen bei ihrem Standpunkt, ist zu fragen, wie dann zusammengefunden werden soll.
Position 1 (Ich will keinen Sex, damit…)
Ich möchte erst als Mann oder Frau gesehen werden, einen liebevollen Umgang mit meiner/meinem Partner*in pflegen, Respekt und Achtung für mich erfahren. Dann bin ich bereit, als Ausdruck dessen und zur Bekräftigung dieses Gesehen-Werdens (wieder) Sex zu haben. Ich will also erst einmal keinen Sex, damit Zeit und Raum für den Aufbau von Beziehung ist.
Position 2 (Ich will Sex, damit…)
Ich möchte zuerst Sex haben, damit ich mit bestätigt und angenommen fühle, als sexuelle Frau, als sexueller Mann. Dann fühle ich mich durch Sex wertgeschätzt, sehe mich als Liebhaber und mit meinen sexuellen Bedürfnissen geachtet. So entstehen für mich dadurch und darin liebevolle Gefühle und Beziehung. Es ist dann wie „Liebemachen“. Durch Sex entsteht Beziehung. Dann kann ich dich als Beziehungspartner*in sehen und bin (wieder) mit dir in Beziehung.
Konfrontation und Stillstand
Bleibt es nun beim blossen Bestehen auf die Richtigkeit der jeweils eigenen Position, fällt ein Verflüssigen und in Bewegung-Geraten wohl schwer und bleibt eine Herausforderung. Wie kann sich hier etwas verändern, wenn sich keine(r) bewegt?
Suche nach Verständigung über Sexpause
Ich lade ein, herauszufinden – nicht nur mit den Mitteln des Verstandes, sondern auch mit dem Herzen – weshalb ein(e) Partner*in so sehr auf dem eigenen Standpunkt beharrt. Es gilt auch, die guten Absichten und Gründe hinter diesem Verhalten zu verstehen.
- Ist es möglich, hierfür– etwa für sie Sorgen und Enttäuschungen, die vielleicht dazu geführt haben – ein positives Gefühl zu entwickeln?
- Ist ein Miteinander-Reden außerhalb der üblichen Konfliktspirale möglich?
- Wie ist es um die partnerschaftliche Kommunikation über Sex bestellt?
- Als ein freundlich zugewandtes Sprechen über Bedürfnisse, Gefühle und Befürchtungen?
- Und auch ein Gespräch über die Art und Weise des Einladens zu Sex?
- Was hat das konkrete Paar im Repertoire, um eine Blockadehaltung und konfrontative Muster aus Angriff und Gegenangriff zu verlassen?
- Und: Wozu würde sich das lohnen?
- Was für ein Sex würde auf beide warten?
- Worin bestünde die neue Qualität der Liebesbeziehung beider Partner*innen?
- Wer würde sich worin sicherer fühlen und wofür Bestätigung erhalten?