Beziehung mit einem Narzissten
Beziehung mit einem Narzissten
Sie befinden sich in einer Beziehung mit einem Narzissten? Meistens meinen wir damit, dass wir mit einem egoistischen Menschen eine Beziehung führen. Manchmal sind wir schnell, einen Stempel zu vergeben. „Narzisst“ ist oftmals auch ein Label, eine Bezeichnung, welches Partner*innen zur Klassifizierung eines gefühlskalt und ichbezogenen Menschen nutzen, an dessen Seite sie in einer Beziehung ohne Augenhöhe emotional „verhungern“.
Manchmal wird dieser Stempel auch in einer hitzigen Debatte, einem partnerschaftlichen Konflikt und einer ehelichen Auseinandersetzung verwendet. Vielleicht ist man aber auch froh, einen Begriff zu nutzen, weil das wieder ein Stück Kontrolle verheißt. Ich kann zumindest benennen, wie und was das alles ist. So hat man vielleicht zumindest den Eindruck, ein Stück Deutungshoheit gewonnen zu haben.
Es gibt eine Bandbreite zwischen selbstbewusst und ichbezogen, über egoistisch bis hin zu einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Letztere zu diagnostizieren obliegt fachkundigen Personen, einem Psychiater oder Psychotherapeuten. „Narzisst“ benutzen wir hier – in diesem Artikel – allgemein, nicht im klinischen Sinne.
Was man gerne als „narzisstisch“ versteht
- Vielleicht gibt es eine Art von Kritikunfähigkeit bei dem/der Partner*in. Es bestehen dann keine Ressourcen, keine Bereitschaft, etwas zu reflektieren, gegebenenfalls auch nicht, etwas verändern, geschweige denn sich gedanklich oder emotional warmherzig in die Sichtweise des Gegenüber einzufühlen.
- Eine nicht zu hinterfragende Dysbalance in Geben und Nehmen. Es ist ok, wenn der/die andere Partner*in gibt, aber im Gegenzug darf man nicht mit einer ebenso intensiven Zuwendung rechnen.
- Ein(e) Partner*in mauert – Rückzug hinter eine kommunikative Mauer –, etwa dann, wenn eine Kränkung oder Beleidigung durch Kritik oder Veränderungswünsche erfolgt ist.
- Mitunter aber ist diese Mauer durchlässig. Natürlich sind wir dann glücklich, wenn uns durch die Mauer gereicht wird. Umso schmerzlicher ist aber auch, wenn das Burgtor wieder schließt und man erneut außen vor ist. Etwa denn, wenn man Kritik geübt oder einen gegenläufigen Wunsch geäußert hatte.
- Schwierigkeiten, mit Kritik umzugehen: Wenn etwa jeder Wunsch beim Gegenüber als Kritik ankommt, wenn ein(e) Partner*in Veränderungswünsche als Bedrohung oder Angriff versteht. In der Reaktion auf den Angriff folgen dann entweder ein Gegenangriff oder eine Flucht mit einer beleidigten Reaktion (zum Beispiel als Rückzug nach Innen).
Was noch als „narzisstisch“ empfunden wird
- Suche nach Bewunderung und Bestätigung durch den Narzissten: Vom Partner wird verlangt, dass er bewundert und bestätigt. Gegebenenfalls geschieht ein Preisen und Sich-Loben sogar selbst, sodass beim Gegenüber der Eindruck entsteht, dass dies bis hin zu einer Prahlerei geht. Partner*innen fragen sich dann vielleicht, weshalb dieses Bedürfnis nach Bewunderung so besteht.
- Dysbalance der Macht und Verlust von Augenhöhe in einer Beziehung mit einem Narzissten: Mit einem Narzissten, mit einer Narzisstin, eine Beziehung zu führen, das fühlt sich im Erleben mancher wie ein Augenhöheverlust an. Bildlich gesprochen: Da oben sitzt der thronende Machtmensch, der bestimmt und Bewunderung als Tribut einfordert. Am Fuß des Thrones ein ergebener Mensch, der die Füße küsst und bewundert. Das Dasein des Füßeküssenden ist fast ganz Proexistenz. Die oder der auf dem Thron nutzt die oder den Verehrenden, um sich auf dem Thron zu halten. Ein Zusammenspiel mit zwei Rollen?
In Beziehung mit einem Narzissten
In einer Beziehung mit einem Narzissten erlebt man mitunter wenig Mitgefühl. Manchmal greift ein(e) Partner*in an oder ist wütend und wehrt ab, würdigt herab. Etwa dann, wenn man in der Beziehung Kritik wagt. Vielleicht gibt es aber auch ein beleidigtes Gefühl, dann aber mitunter im Kontext eines Rückzugs. Auch hier ist eine(e) Partner*in vielleicht ausschließlich bei sich und vollzieht kaum einen Blick mit den Augen des/der Anderen. Es mangelt an einem emotionalen Perspektivenwechsel, also mit Gefühl und Verstand sich in die Sichtweise und Lage des/der Partner*n hineinzuversetzen.
Stattdessen wird vielleicht vielmehr das liebevolle Gefühl und die Sehnsucht eines/einer Partner*in genutzt, um diesen in einer bewundernden Unterordnung zu halten. Manchmal wird beschrieben, dass sie die/der nicht narzisstische Partner*in vom narzisstischen Part dominiert und abhängig fühlt: damit es gut läuft muss man sich unterordnen und bewundern, darf selbst nichts verlangen.