Phasen einer Partnerschaft – Beziehungsphasen – Kritische Phasen einer Paarbeziehung
Phasen einer Partnerschaft – Beziehungsphasen
Beziehungsphasen teilen die Fortentwicklung einer Paarbeziehung ein. Eine Paarbeziehung fällt nicht vom Himmel und ist einfach da. Eine Paarbeziehung ist also nicht ein fertig unveränderliches Paket, dass für alle Zeiten geschnürt ist. Eine Paarbeziehung bedeutet vielmehr Dynamik, Entwicklung und Veränderung. Entwicklungsschritte einer Paarbeziehung lassen sich als Beziehungsphasen beschreiben. Das deutet an: Einfach den Schalter umlegen und dauerhaft gleich lieben, ohne jede Veränderung, ist wohl eher unwahrscheinlich.
Viele Paare wünschen sich, dass ihre Beziehung nicht einschläft. Sie hoffen darauf, dass die Paarbeziehung lebendig bleibt. Bloß keine Langeweile! Wer eine Paarbeziehung in ihren Entwicklungsstufen durchläuft, wird wohl auch das Gegenteil von Langeweile erfahren. Stattdessen wird er konfrontiert: mit einer Dynamik und einer Veränderung, die mitunter etwas Verunsicherndes sind. Es verunsichert, wenn eben eine auch konflikthafte Weiterentwicklung der Partnerschaft stattfindet.
Welche Partnerin, welcher Partner möchte aber eine Verunsicherung im Hinblick auf die eigene Paarbeziehung hinnehmen? Wie schön wäre es, wenn man bereits eine mehr oder weniger gültige Zukunftsvorhersage hätte, sich also auf den Verlauf der Paarbeziehung einstellen könnte und sich alle Unwägbarkeiten bereits vorausschauen ließen. Wüsste man vorher schon, was da auf einen zukommt, könnte man sich darauf einstellen. Insofern ist das Interesse an dem Erklärungsmodell der Beziehunsgphasen groß.
Erklärungsmodell der Beziehungsphasen – Beschreibungsgerüst für Paare
Partnerinnen und Partner, die das Erklärungssystem der Beziehungsphasen nützen, haben vielleicht eine Art Gerüst. Ein Beschreibungsgerüst für das, was in ihrer Paarbeziehung sich ereignet. Sie beobachten Dynamik, Konflikte, Auseinandersetzung und Veränderung in ihrer Paarbeziehung aus einer Metaposition: „Schau, das ist doch typisch, unsere Probleme entstehen typischerweise in Phase x und vergehen in Phase z“. Das ist ok, wenn es der Paarbeziehung dient. Eine Option wäre auch, als Paar, alles nur über sich ergehen zu lassen. „Das ist jetzt eben so! Wir können nichts ändern! Das ist eben jetzt diese Phase unserer Partnerschaft!“
Ich möchte eher einladen, die eigene Beziehung und ihre Entwicklung aus einer wertschätzenden Distanz zu betrachten. In jeder Phase einer Beziehung dürfen Partner*Innen fragen: Wie hat sich unser Beziehung entwickelt? Was ist unserem partnerschaftlichen Miteinander dienlich?
Phasen einer Paarbeziehung nach den Paartherapeuten Roland Weber und Arnold Retzer
Verschiedenen Beziehungsphasen werden recht prägnant und signifikant voneinander unterschieden; etwa fünf Phasen sind es nach Paartherapeut Roland Weber (Zu letzterem: Weber, Roland: Wenn die Liebe Hilfe braucht – Das Partnerschaftsbuch mit Tests und Übungen. 2. Auflage, Stuttgart 2013, 21-29).
Mehrere Phasen einer Paarbeziehung werden auch durch Paartherapeut Arnold Retzer unterschieden, die er als „Entwicklungsphasen von Paarbeziehungen“ (Retzer, Arnold: Systemische Paartherapie. Konzepte – Methode -Praxis. 4. Auflage. Stuttgart 2011, 299-327. Zitat: S. 299.) bezeichnet. Eine Übersicht über die Phasen einer Paarbeziehung nach Retzer finden Sie auch hier: Fokus-Online-Artikel von Christiane Fux vom 25.11.2015 (externer Link): Die vielen Phasen einer Partnerschaft: Vom Liebespaar zur Zweckgemeinschaft.
Beziehungsphasen – Abweichende Verläufe
Beziehungsphasen sind im Übrigen nicht immer zeitgleich. Ein Partner mag hier stehen, die Partnerin aber noch dort, oder umgekehrt. Zu bachten ist auch: Beziehungsphasen sind wohl auch von unterschiedlicher Dauer. Auch das bedeutet unter Umständen Konflikte: Ich bin hier und will Dieses. Du bist dort und möchtest Jenes. Während ich Nähe und Zuwendung brauche, verliebt bin und nur die Partnerin will, ist sie vielleicht schon weiter. Sie sehnt sich bereits nach mehr Freiräumen und Abgrenzung. Liebt sie mich jetzt weniger oder nicht mehr? Ist das das Ende der Paarbeziehung? War es das?
Dass Paare in unterschiedlichen Phasen sind, wenn Sie eine Paarbeziehung beginnen oder verlassen, ist zudem eine Beobachtung des Paartherapeuten Arnold Retzer. Er gibt zu verstehen, dass Paarbeziehungen heute oft nicht mehr einheitlich nach den bekannten Beziehungshasen verlaufen. (Vgl. Retzer: Paartherapie. 2011. 299f.)
Kritische Phasen in einer Paarbeziehung
Paarbeziehungen durchlaufen Entwicklungen und verändern sich. Aus meiner Arbeit mit Paaren weiß ich, dass immer dann, wenn es zu Übergängen und Veränderungen kommt, typische Paarkonflikte aufbrechen können.
Kritische Entwicklungsstufen und Übergänge, mit den jeweiligen Herausforderungen für ein Paar, werden im Übrigen ähnlich und sehr treffend von Arnold Retzer beschrieben. Er stellt seine Einteilung der Beziehungsphasen für ein Paar vor und beschreibt zudem jeweilige Herausforderungen für ein Paar in diesen Situationen. (Vgl. Retzer: Paartherapie. 2011. 299-327).
Einzelne kritische Wegmarken in Paarbeziehungen
Ähnliche und eigene Erfahrungen aus der Arbeit mit Paaren, zu kritischen Wegmarken in Paarbeziehungen möchte ich hier mit Ihnen teilen. Große Paartherapeuten, wie Arnold Retzer, haben natürlich zuerst und ausführlicher beschrieben, worum es gehen kann. Entsprechende Belegstellen zu gleichen und ähnlichen Beschreibungen von Arnold Retzer füge ich nachfolgend gerne hinzu.
- Paare stellen zum Beispiel die Frage, wenn die Verliebtheit langsam abebbt, ob dies nicht ein Warnzeichen sei. Plötzlich kommt es vermehrt zu Streit und zum Bedürfnis nach Autonomie. Freiräume werden eingeklagt. Ist dies der Anfang vom Ende? (Vgl. auch Retzer: Paartherapie. 2011, 307f.)
- Schauen wir auf das erste Kind. Vielleicht denkt man sich, dass ein Kind vieles kitten könne. Aber was ist, wenn die dauernde Aufmerksamkeit für das Kind plötzlich eifersüchtig macht: Unsere exklusive Zweierbeziehung wird angefragt. Wir sind erfahrbar zu dritt. Manchmal gibt es ja auch so etwas wie eine Eifersucht auf das neugeborene Kind. (Vgl. dazu auch Retzer: Paartherapie. 2011. 311-313).
- Das Häuslich-Werden, wenn man sich füreinander entschieden hat, ist ein wichtiger Meilenstein. Es folgt vielleicht die Gründung einer Familie und die Freude und Aufmerksamkeit für die neugeborenen Kinder sind groß. Irgendwann einmal hat sich dann alles eingespielt und man ist partnerschaftliche miteinander verbunden, geht seinem Beruf nach und hat die eigenen vier Wände. (Vgl. auch: Retzer: Paartherapie. 2011. 314f.)
- Dann kommt ein neuer Schritt, wenn die Kinder aus dem Haus sind und man muss ich wieder als Paar zusammenraufen. Die Kindererziehung ist ja vorbei. Wenn etwa die Kinder aus dem Haus sind, oder wenn man sich endgültig zur Ruhe setzt, ist das nicht unbedingt einfach. Was tun mit der neugewonnenen Zeit? Die Paarbeziehung auffrischen und verändern? Plötzlich gibt es kein gemeinsames Projekt und man beschäftigt sich mit sich und dem Partner. Diese Phase ist mit Herausforderungen für die Paarbeziehung verbunden. (Vgl. auch hierzu Retzer: Paartherapie. 2011. 316-323).
In welcher Beziehungsphase befinden wir uns?
Mitunter werden typische Zeitpunkte benannt, bei deren Erreichen, sich Partner*Innen für oder gegen eine Partnerschaft entscheiden, etwa die ersten drei Monate einer Beziehung oder auch das „verflixte siebte Jahr“. Insbesondere zu diesen Zeiten wird gefragt: „Wo stehe ich als Partner?“ und „Wo stehen wir als Paar?“
Konflikte gibt es, das Modell von Beziehungsphasen als Erklärung zugrundegelegt, wenn ein Partner „schneller“, der andere „langsamer“ im Durchlaufen der Phasen ist; vorausgesetzt ich lege dieses Phasenmodell der Paarberatung als Schablone und erklärende Theorie zugrunde. So pocht der eine Partner schon auf seinen Wunsch nach Rückzug und individuellem Freiraum und der andere Partner will noch „verrückt“ verliebt sein, d.h. nach Möglichkeit die ganze Zeit mit dem nach Unabhängigkeit strebenden Partner verbringen. Selbstredend sind auch andere Deutungen als das Modell aufeinander folgender Beziehungsphasen für eine Beschreibung des Paarkonflikts denkbar.
Orientierungsfragen zu den Beziehungsphasen
Ein kurzer Überblick über – die allseits bekannten und diskutierten – Beziehungsphasen dient vielleicht zur ersten Orientierung, wenn Partner*Innen sich – egal ob nach Monat 3 oder im 7. Jahr oder davon unabhängig – fragen:
- Wo befinde ich mich jetzt in meiner Paarbeziehung?
- Wo könnte mein Partner/meine Partnerin stehen?
- Wie können wir uns noch entwickeln?
- Wie gehen wir damit um, dass einer von uns schon „weiter“ ist, im Durchlaufen der Beziehungsphasen?
Selbstverständlich klar ist für mich, dass es hier nur um „Richtwerte“ geht, nicht um ein „Richtig, so muss es auch unbedingt sein“. Man muss eine Beziehung nicht unbedingt in Phasen einteilen. Sie können sich auch vorstellen, dass sich eine Beziehung dynamisch entwickelt, eben so, wie die beiden Menschen, die diese Paarbeziehung prägen. Unterschiedliche Lebensthemen, die eigene Fortentwicklung, Herausforderungen aus Alltag, Beruf und Familie-Sein haben ebenso einen Einfluss. Zwei Ich-Persönlichkeiten, die Partner, bilden ein gemeinsames Paarbeziehungs-Wir, erhalten es am Leben, entwickeln es weiter oder zerstören es wieder.
Ich habe mir erlaubt, die Hin-, Weg- und möglicherweise wieder Hin-Bewegung der Partner*Innen in einer Paarbeziehung aus der Sicht der Paarberatung zu durchdenken und hierbei auch systemische Gedanken zu integrieren. Dabei möchte ich mich auf die Beschreibungen Webers, Retzers und auf meine eigenen Beobachtungen aus der Paarberatung stützen.
Einladung zu frühzeitiger Aussprache über Anfragen und Zweifel
Ich möchte Paare einladen, sehr genau zu überlegen und zu besprechen, welche Fragen und Anfragen in Zeiten der Veränderung auftauchen. Es bleibt den Partner*Innen überlassen, ob sie als Einzelne alles mit sich ausmachen. Man kann den Partner, die Partnerin über eigene Schlussfolgerungen und Entscheidungen ganz zum Schluß aufklären. Eine andere Möglichkeit ist vielleicht ein frühzeitiges Gespräch. Wer in einer gemeinsamen Aussprache seine Fragen mitteilt, sollte auch bereit sein, Gegenfragen des/ der Partner*In zu erlauben.
Streit- und Kampf als Phase der Partnerschaft
Von Streit in einer Paarbeziehung kann wohl fast jedes Paar berichten. Ich erlebe jedenfalls viele Paare, die Streit und Streiten als Teil ihres Beziehungslebens schildern. Sie berichten auch, dass Streit letztlich nicht befriedige und manchmal auch zu keinem Ergebnis führe. Wut und Enttäuschung nur herunterzuschlucken, sei aber ebenfalls unbefriedigend. Ihrer Erfahrung gemäß sei nichts damit gewonnen, Dinge einfach zu unterdrücken; oder nach einer Auseinandersetzung die Schwamm-Drüber-Technik zu nutzen. Die Folge sei ein falscher Friede, der nur an der Oberfläche Stabilität für die Beziehung gewähre.
Ich selbst kenne das aus dem Beziehungsleben: Scheinbar verborgener Frust gärt dann doch ordentlich, wie ein schleichendes Gift für eine liebevolle Partnerschaft. Richtige und offene Streitgespräche sind aber auch nicht immer einfach zu führen. Erst recht nicht, wenn man schon in der Kampfphase einer Beziehung steckt. Man könnte es so formulieren: Streit gehört für manche Paare einfach zur Beziehung dazu. Nur was ist, wenn Streit und Streiten dominieren und das Paar im Streit versinkt?
Moderierte Gespräche in Streitphasen
Manchmal bemühen sich hier Freunde oder Familienangehörige bei der Moderation eines Streitgesprächs und vermitteln zwischen den Kontrahenten. Auch Paartherapeuten und Eheberater übernehmen vielleicht mitunter die Gesprächsleitung. Meiner Ansicht nach kommt es darauf an, individuelle Freiräume und Rückzugsorte für die Partner gemeinschaftlich auszuhandeln und sich als Paar diesen Rückzug auch zu erlauben. Ich lade in diesem Zusammenhang gerne ein, das Sich-Zurückziehen und die Suche nach Freiheit nicht als Wegbewegung aus der Partnerschaft zu verstehen, sondern als Hinwendung zum persönlichen Leben. Letztlich geht es ja jedem Paar, so denke ich, um eine gute und stabile Balance aus Nähe und Distanz.
Romantische Phase ausgiebiger Verliebtheit übersprungen?
Das Überspringen einer romantischen Phase zu Beginn verbinde ich mit Patchwork und Paarbeziehung. Ich arbeite ja in einem sehr lebendigen Berliner Kiez mit vielen Familien und wohl einer sehr hohen Geburtenrate. Liebe, Paarbeziehung und Familie-Sein sind hier lebendig. Manchmal erleben Paare aber auch zugehörige Schattenseiten. Partner haben sich kennengelernt und schnell ineinander verliebt. Weil aber ein Kind auf die Welt gekommen ist, oder weil Sie als Patchworker gestartet sind, konnten sie die Zeit des Paar-Werdens mit all ihren üblichen Verrücktheiten, Träumereien, Freiheiten und Leidenschaften kaum leben. Stattdessen musste Verantwortung übernommen werden. Die romantische Phase erster Verliebtheit ist bald den vielen Verantwortlichkeiten gewichen.
Solche Paare haben mitunter die erste Phase ihrer Beziehung regelrecht überspringen müssen. Patchwork-Paare berichten von Herausforderungen, weil sie etwa gar nicht von Anfang an unbeschwert Zweisamkeit und Liebe auf der Paarebene leben konnten. Schon zu Beginn gab es eine Fülle an Verpflichtungen. Vielleicht haben Kontakte zu den Ex-Partnern und das Finden einer Aufgabe und Rolle im neuen Patchwork-System ein unbeschwertes Leben als Liebespaar behindert.
Beziehungsphasen – Fragen zur Orientierung
Ständiger Streit, abflauende Gefühle, die Suche nach neuen Zielen für die Partnerschaft und das Arbeiten an einer guten Balance zwischen Nähe und Distanz könnten auch Themen für eine partnerschaftliche Standortbestimmung sein. Paare dürfen hierbei ihre jeweilige Beziehungsphase in den Blick nehmen. Es soll zudem gefragt werden, welche Herausforderungen mit dieser Phase verbunden sind.
Mitunter ist es das Thema Dauerstreit und Auseinanderleben. Andere Paare, etwa ganz zu Beginn ihrer Beziehung, wünschen sich einen Blick auch auf die Entstehung ihrer Paarbeziehung. Sie fragen sich vielleicht, welche Stärken und Ressourcen sie in ihrem Miteinander entdecken:
- Welche Stärken haben wir?
- Was verbindet uns?
- Wie sollen wir uns entwickeln?
- Was ist uns für eine Beziehung wichtig?
- Wie und wo passen wir zusammen?
- Wie gehen wir miteinander um, angesichts vieler Auseinandersetzungen, Streits und Kämpfe?
- Was heißt das jetzt für unsere Paarbeziehung, dass wir plötzlich nach persönlichen Freiräumen suchen?
- Was haben wir schon miteinander erlebt?
- Welche Erlebnisse verbinden uns?
- Weshalb schauen wir gerne zurück, auf das Heute und in die Zukunft?
Externe Links
Hier finden Sie Links zu den sogenannten Beziehungsphasen: Etwa (externer Link) Trennungsschmerzen.de (Phasen einer Beziehung), dann (externer Link): Elitepartner.de (Phasen einer Beziehung), sowie (externer Link: Fokus online (Phasen einer Paarbeziehung nach Arnold Retzer, 25.11.2015).
Link zur Website von Arnold Retzer und zu seinem Institut:
Externer Link: Arnold Retzer (Paartherapeut)
Externer Link: Systemisches Institut Heidelberg (SIH)